Das deutsche Wasserstoff-Journal HZwei interviewte die Hyfindr-Mitbegründer Dr. Björn Lüssow und Steven Oji
Hyfindr.com – Qualität statt Quantität / Quality not Quantity
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HZwei 01/2023 Seite 54-56 (Deutsche Fassung)
Quelle: HZwei Verlag
Einen interessanten Ansatz für die Themen Weiterbildung und fachlicher Austausch verfolgt das Start-up Hyfindr. Während der Hydrogen Technology Expo Europe in Bremen (s. S. 9) stellte das Jungunternehmen Mitte Oktober 2022 erstmals öffentlich sein neues Konzept vor: Eine Internetplattform mit dem Zweck, die Expertise der Fachkräfte aus der Wasserstoff- und Brennstoffzellenbranche zu nutzen, indem gezielt technische Fachfragen gestellt und diese – so die Hoffnung – auch kompetent beantwortet werden können. In Zeiten, in denen Xing gerade seine Diskussionsgruppen schließt, könnte diese Tech Community ein Forum werden, das weniger auf Quantität, sondern vorrangig auf Qualität setzt. HZwei sprach darüber mit den beiden Gründern Dr. Björn Lüssow und Steven Oji.
Hallo Björn, hallo Steven, ihr habt jetzt gerade in Bremen erstmals euer neues Expertenforum, die Hyfindr Tech Community, vorgestellt. Wie war die Resonanz?
Björn: Sehr inspirierend, Sven. Fast alle Personen, denen wir die Hyfindr Tech Community vorgestellt haben, waren sofort begeistert und haben sich nach der Messe gleich angemeldet. Es ist jedem Berufsträger in der Wasserstoffindustrie doch sonnenklar, dass die Entwicklung und Implementierung von Projekten mit zahlreichen technischen Herausforderungen verbunden sind. Unsere Tech Community ermöglicht es, technische Fragestellungen schnell und effizient zu klären. Ganz besonders habe ich mich über das positive Feedback von Studenten und jungen Berufsträgern gefreut; es besteht ein enormer Wissensbedarf. Viele möchten in der Wasserstoffindustrie arbeiten und brauchen digitale Tools, um sich schlau zu machen. Hier setzen wir an.
Vorher hat ihr zunächst nur in kleinem Rahmen einigen wenigen Personen Zugang zu der neuen Plattform gewährt. Warum diese anfängliche Zurückhaltung?
Steven: Jede Gemeinschaft lebt von dem Engagement ihrer Mitglieder. Nur wenn sich Mitglieder einer Community auch engagieren, das heißt in unserem Fall, auch wirklich bei technischen Fragen helfen, sind andere auch inspiriert, mitzumachen. Niemand möchte Mitglied einer „toten Gemeinschaft“ sein. Aus diesem Grund haben wir erst einmal ganz klein angefangen mit einigen wenigen, hochinspirierten Professionals, die wir schon könnenten oder bei denen wir vermutet haben, dass sie uns helfen werden. Wir haben diese Personen zunächst zu einem Beta-Testing eingeladen und um Feedback gebeten. Uns war klar, dass am Anfang nicht alles gleich optimal ist.
Unter anderem hat sie vorab Online-Workshops angeboten, wo ersten Akteuren die verschiedenen Funktionen erläutert wurden. Wie waren die Rückmeldungen?
Björn: Ganz genau, und auch hier haben wir eine Bestätigung erfahren. Wir haben mehrere Video-Meetings mit bis zu zehn Teilnehmern gemacht, um die Ziele unserer Initiative persönlich vorzustellen. Dies war mir auch aus einem anderen Grund ganz wichtig: Nur im persönlichen Austausch bekommt man wirklich ein Gefühl dafür, ob eine Initiative Nutzen stiftet oder ob wir uns da etwas eingebildet haben. Zum Glück war das Feedback – wie bereits gesagt – sehr positiv. Inzwischen haben wir bereits mehrere Hundert Mitglieder, die fleißig technische Fragen diskutieren.
Verstehe, dann erklärt doch bitte mal kurz, was genau sie da eigentlich aufgebaut hat und jetzt anbietet.
Björn: Gerne. Communitys sind heutzutage nicht nur eine private Spielerei oder ein Hobby, sie haben inzwischen auch große berufliche Relevanz in vielen Industrien. Das beste Beispiel hierfür ist mein Erachtens Stack Overflow. In diesem Forum helfen sich Hunderttausende Softwareentwickler täglich aus freien Stücken bei Problemen in der Programmierung. Man findet dort mehr als 23 Millionen Fragen und Antworten, und die Community wird jeden Monat mehr als 100 Millionen Mal besucht. Je mehr und je qualifizierter sich ein Mitglied einbringt, desto klarer wird seine Expertise im Profil. Softwareentwickler bewerben sich inzwischen mit der Autorität, die sie sich in der Community Stack Overflow erarbeitet haben, und nicht mehr nur mit Lebensläufen. Mich beeindruckt diese Community sehr und ich habe mich gefragt, wieso es keine vergleichbare Community für die Wasserstoffindustrie gibt, da es doch auch in der Wasserstoffindustrie weltweit derzeit viele Fragen zu beantworten gibt.
Was unterscheidet euer Konzept von Xing, LinkedIn oder anderen Foren?
Steven: LinkedIn und Xing sind primär Marketingkanäle und Plattformen, um geschäftliche Kontakte zu knüpfen. Auf LinkedIn stellt man keine technischen Fragen, oder hast du dort schon einmal eine Frage gesehen wie: „Benötigt jeder Brennstoffzellenstapel eigentlich einen Befeuchter?“ Interessant ist auch folgender Unterschied: Gruppen, die zum Beispiel auf LinkedIn gegründet werden, um sich auszutauschen, mutieren, je größer sie werden, zu einem reinen „Newsfeed“. Damit sinkt der Nutzen für das einzelne Gruppenmitglied. Niemand kann doch die ganzen Nachrichten über neue Projekte auf LinkedIn mehr lesen. Bei einem Q&A-Forum wie der Hyfindr Tech Community ist das anders, denn der Wert für das einzelne Mitglied steigt, je größer die Community wird. Bei einer großen Mitgliederanzahl ist die Wahrscheinlichkeit höher, eine Expertin oder einen Experten zu finden für eine ganz spezielle Frage. Eine Person stellt eine Frage, und die Intelligenz der gesamten Community antwortet. In einer Community wie Stack Overflow ist es auch häufig so, dass schon einmal jemand das gleiche Problem hatte und sich deshalb gute Antworten auf das eigene Problem finden ließ. Das ist effizient, und da wollen wir mit der Hyfindr Tech Community auch hin. Es wäre auch toll, wenn ganz viele deiner Leser, lieber Sven, sich als Mitglieder registrieren und mitmachen(community.hyfindr.com).
Ihr beide seid zwar schon lange im Wasserstoffsektor aktiv, aber diese Internet-Plattform ist für euch totales Neuland. Björn, was hast du bisher gemacht?
Björn: Ich habe knapp zwanzig Jahre bei Mercedes gearbeitet. Als Anwalt habe ich dort mehr als zehn Jahre kleine und auch sehr große Kooperationen und M&A-Transaktionen (Mergers- und Acquisitions) gestaltet. Meinen Bezug zur Wasserstoffindustrie habe ich im Jahr 2013 bekommen, als ich die Gründung des Joint Ventures H2 Mobility unterstützen durfte. Ich habe mir damals gedacht, dass Wasserstoff unsere Chance ist, aus dem Öl rauszukommen. Unternehmer wollte ich eigentlich schon immer werden, aus diesem Grund habe ich daher damals auch erst meinen Diplom-Kaufmann gemacht, bevor ich mein Jurastudium abgeschlossen hatte. Als ich angefangen habe zu studieren, hat mich Wirtschaft eigentlich viel mehr als die Juristerei interessiert. Auch wenn ich keine Ausbildung als IT-Programmierer habe, kann ich Dir versichern, dass ich in den letzten drei Jahren im Selbststudium in die IT-Welt richtig „abgetaucht“ bin, um Hyfindr aus der Taufe zu heben.
Und du, Steven?
Steven: Bei Hyfindr vertrete ich eher die technische Ecke und bin, so wie die meisten unserer Angestellten, passionierter Ingenieur. So wie Björn habe ich einige Jahre bei Mercedes-Benz gearbeitet, wo ich zuletzt BZ-Systeme entwickelt habe. Das habe ich danach auch noch in einer weiteren Firma gemacht, bevor ich mich vollends dem Aufbau von Hyfindr und allem damit Verbundenen widmete. Viele Jahre meines Lebens habe ich aus beruflichen oder privaten Gründen in Ländern gelebt, in denen Energieversorgung über Diesel eine notwendige und offensichtliche Selbstverständlichkeit war. Daran wollte ich schon als Kind etwas ändern, denn dass dies viel Lärm und Schmutz erzeugt, hat mich schon damals gestört
Ihr habt dann gemeinsam Hyfindr gegründet, was ja schon recht gut angelaufen ist. Bitte erklären Sie kurz, was genau Hyfindr ist.
Steven: Hyfindr.com ist der stark wachsende B2B-Marktplatz für die globale H2-Industrie, auf dem man sehr viele Komponenten, Systeme und Dienstleistungen findet, die jetzt für den Aufbau dieser Industrie benötigt werden. Wir haben besonderen Wert darauf gelegt, dass insbesondere Ingenieure alle relevanten Informationen unmittelbar finden. Ich hatte selbst diese Probleme bei den Brennstoffzellensystemen, die ich entwickelt habe. Es ist noch sehr schwer, passende Komponenten zu finden. Hier setzt Hyfindr an.
Produkte können anhand von technischen Kriterien mit ein paar Klicks verglichen und Preisangebote bei Lieferanten effizient angefragt werden. Für Käufer und Verkäufer reduzieren sich so die Kosten der Kontaktaufnahme. Hyfindr.com ist anders als eine Messe 24/7 an 365 Tagen im Jahr verfügbar. Wir besuchen Berufsträger, wenn sie einen konkreten Bedarf haben. Wenn wir mit Verkäufern dieser Produkte sprechen, ist unser „Wahlspruch“ deshalb auch: „Wir generieren hochwertige Kundenkontakte, während Sie schlafen!“
Also ist diese neue Plattform jetzt nur eines von mehreren Standbeinen von Hyfindr, richtig?
Björn: Es ist richtig, dass wir mehrere Formate entwickelt haben, aber unser B2B-Marktplatz ist der Kern unseres Geschäftsmodells. DieHyfindr Tech Community betreiben wir nicht mit ökonomischen Zielen. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass es insbesondere für junge Berufsträger einfach wird, in die H2-Industrie reinzukommen. Aus diesem Grund sind Marketingbeiträge in unserer Community auch verboten. Es geht darum, sich gegenseitig dabei zu helfen, technische Themen zu lösen. In unserem Hyfindr-Knowledge-Hub finden sich zudem bereits mehr als 30 neutrale Artikel, die technische Grundlagen vermitteln. Hier können sich Berufsträger darüber informieren, was man vor einem Kauf von Wasserstofftanks, -filtern oder -kompressoren wissen sollte. Auch diese Wissenssammlung bauen wir weiter aus, und sie ist kostenlos verfügbar auf hyfindr.com.
Wie entwickelt sich denn bislang der dortige Marktplatz?
Steven: Die Entwicklung ist unglaublich. Wir haben ihn im September 2021 veröffentlicht und seither wachsen wir im Durchschnitt jeden Monat zwischen 10 bis 15 Prozent. Inzwischen zeigen mehr als 100 bekannte Marken ihre Produkte und Dienstleistungen. Es besuchen uns jede Woche tausende Nutzer, die sich dann mehrere Seiten ansehen. Aus diesem enormen Traffic erzeugen wir auch Woche für Woche zahlreiche hochwertige Leads für die Unternehmen. Bisher haben wir meines Erachtens mit Hyfindr aber noch nicht einmal zehn Prozent des Potentials gehoben, da wir noch bekannter werden müssen. Die Entwicklung zeigt aber steil nach oben. Wir unterstützen seit Juni 2022 auch kein geringeres Unternehmen als Google. Wir sind als eines von ganz wenigen Unternehmen in Deutschland in das internationale Programm „Google for Startups“ aufgenommen worden. Dies hilft uns sehr.
Im Vergleich zu den früheren Hypes, die es rund um Wasserstoff gab, was ist aus eurer Sicht heute anders?
Björn: Dieses Mal ist es meines Erachtens eine getragene Entwicklung, da nicht nur Prototypen oder Demonstrationsprojekte freigegeben werden, sondern weltweit strategische Investitionen getätigt werden. In einigen Ländern skaliert die Brennstoffindustrie sogar schon hoch. Die eigentlichen Effekte werden sich aber erst noch in den nächsten Jahren aus der Sektorenkopplung zeigen. Ich bin fest davon überzeugt, dass all jene, die noch zweifeln, ob sich die Wasserstoffindustrie zu einem ähnlichen Wirtschaftszweig wie die Öl- und Gasindustrie entwickeln kann, noch in diesem Jahrzehnt verstummen werden.
Steven: Ich kann dem nur zustimmen, und ich möchte als Ingenieur noch Folgendes ergänzen: Die Energiewende erfordert neue technische Lösungen. Mit der reinen Batterietechnologie werden wir nicht alle benötigten Lösungen bauen können, um „grüner“ zu werden. Die Wasserstoff- und Brennstofftechnologie ist nicht der einzige, aber ein ganz wesentlicher Baustein der Energiewende. Ich habe in Südafrika und Nigeria neben tuckernden Dieselgeneratoren gelebt, die Klimaanlagen und Strom für Laternen erzeugten. So können wir global nicht weitermachen. Aus diesem Grund ist es auch persönlich für mich sehr inspirierend, mit Hyfindr einen Beitrag dazu leisten zu können, die globale Wasserstoffindustrie schneller und besser wachsen zu lassen. Dies treibt mich und auch Björn an.
Wo sieht ihr euren Marktplatz und die Tech Community in fünf Jahren?
Steven: Man könnte sagen, dass wir uns auf den Weg gemacht haben, das Amazon der Wasserstoffindustrie zu werden. Mit Hyfindr.com bauen wir auch eine digitale Lieferkette für die globale Wasserstoffindustrie auf, damit diese schneller wachsen kann. Berufsträger sollen sich darauf verlassen können, alle verfügbaren Produkte auf Hyfindr zu finden. Alles fängt ganz klein an, nämlich mit ein oder zwei Personen, die eine Idee haben und diese auch konsequent verfolgen. Das machen wir mit Hyfindr.
Björn: Mit unserer Tech Community wollen wir das Stack Overflow der Wasserstoffindustrie werden. Ich verspreche, mich bei dir zu melden, wenn wir einhunderttausend Fragen und Antworten in unserer Hyfindr Tech Community erreicht haben, lieber Sven. Wenn wir dies schaffen, haben wir die Wasserstoffindustrie erheblich beschleunigt. Es ist doch nicht nachvollziehbar, dass wir eine neue Industrie wie die Wasserstoffindustrie nur mit den Tools „von gestern“ bauen. Hyfindr will digitale Tools anbieten, um das Wachstum dieser Industrie global zu fördern. Dafür setze ich mich ein.
Herzlichen Dank für diese Einblicke.
B2B-Marktplatz: www.hyfindr.com
Tech Community: www.community.hyfindr.com
Interviewer: Sven Geitmann, HZwei Verlag
HZwei 01/2023 Seite 54-56 (Englische Version)
Das Start-up Hyfindr verfolgt einen interessanten Ansatz zu den Themen Weiterbildung und beruflicher Austausch. Auf der Hydrogen Technology Expo Europe in Bremen (siehe S. 9) stellte das junge Unternehmen Mitte Oktober 2022 erstmals sein neues Konzept der Öffentlichkeit vor: ein Internet-Plattform mit dem Ziel, das Fachwissen von Spezialisten aus der Wasserstoff- und Brennstoffzellenindustrie zu nutzen, um konkrete technische Fragen zu stellen und – so hofft man – kompetent zu beantworten. In einer Zeit, in der Xing seine Diskussionsgruppen schließt, könnte diese Tech-Community zu einem Forum werden, das weniger auf Quantität und mehr auf Qualität setzt. HZwei sprach mit den beiden Gründern, Dr. Björn Lüssow und Steven Oji.
Hallo Björn, hallo Steven, ihr habt gerade zum ersten Mal euer neues Expertenforum, die Hyfindr Tech Community, in Bremen vorgestellt. Wie war die Reaktion?
Björn: Sehr inspirierend, Sven. Fast jeder, dem wir die Hyfindr Tech Community vorgestellt haben, war sofort begeistert und hat sich gleich nach der Messe angemeldet. Jedem Fachmann in der Wasserstoffbranche ist klar, dass die Entwicklung und Umsetzung von Projekten mit zahlreichen technischen Herausforderungen verbunden ist. Unsere Tech-Community ermöglicht es, technische Fragen schnell und effizient zu klären. Besonders gefreut habe ich mich über das positive Feedback von Studenten und jungen Berufstätigen; der Bedarf an Wissensaustausch ist enorm. Viele wollen in der Wasserstoffindustrie arbeiten und brauchen digitale Werkzeuge, um sich schlau zu machen. Hier beginnen wir.
Zuvor hatten Sie nur einigen wenigen Personen in kleinem Rahmen Zugang zu der neuen Plattform gewährt. Warum dieses anfängliche Zögern?
Steven: Jede Gemeinschaft lebt von dem Engagement ihrer Mitglieder. Andere werden nur dann zum Mitmachen angeregt, wenn sich die Mitglieder einer Gemeinschaft auch engagieren, was in unserem Fall bedeutet, dass sie bei technischen Fragen wirklich helfen. Niemand möchte Mitglied einer „toten Gemeinschaft“ sein. Deshalb haben wir klein angefangen, mit ein paar hoch inspirierten Fachleuten, die wir bereits kannten oder von denen wir annahmen, dass sie uns helfen würden. Wir haben diese Personen zunächst zum Betatest eingeladen und um Feedback gebeten. Es war uns klar, dass nicht alles von Anfang an perfekt ist.
Unter anderem haben Sie im Vorfeld Online-Workshops angeboten, in denen den ersten Mitgliedern die verschiedenen Funktionen erklärt wurden. Wie war das Feedback?
Björn: Genau, und auch hier wurde uns bestätigt, dass wir einen Mehrwert schaffen. Wir haben mehrere Videokonferenzen mit bis zu zehn Teilnehmern abgehalten, um die Ziele unserer Initiative persönlich vorzustellen. Das war für mich auch aus einem anderen Grund sehr wichtig: Nur im persönlichen Austausch bekommt man wirklich ein Gefühl dafür, ob eine Initiative sinnvoll ist oder ob wir uns etwas eingebildet haben. Erfreulicherweise war das Feedback – wie bereits erwähnt – sehr positiv. Wir haben jetzt mehrere hundert Mitglieder, die sich an der Diskussion über technische Fragen beteiligen.
Verstanden, dann erklären Sie bitte kurz, was genau Sie eigentlich eingerichtet haben und jetzt anbieten.
Björn: Mit Vergnügen. Communities sind heute nicht mehr nur eine private Spielerei oder ein Hobby, sondern haben in vielen Branchen eine große berufliche Bedeutung. Ich denke, das beste Beispiel dafür ist Stack Overflow. In diesem Forum helfen sich täglich Hunderttausende von Softwareentwicklern freiwillig gegenseitig bei Programmierproblemen. Sie finden dort mehr als 23 Millionen Fragen und Antworten, und die Community wird jeden Monat mehr als 100 Millionen Mal besucht. Je mehr und je qualifizierter ein Mitglied beiträgt, desto deutlicher wird seine Expertise im Profil. Softwareentwickler bewerben sich jetzt mit der Autorität, die sie in der Stack Overflow-Community erworben haben, und nicht nur mit einem Lebenslauf. Ich bin sehr beeindruckt von dieser Gemeinschaft und habe mich gefragt, warum es keine vergleichbare Gemeinschaft für die Wasserstoffindustrie gibt, da es in der Wasserstoffindustrie weltweit noch viele Fragen zu beantworten gibt.
Was unterscheidet Ihr Konzept von Xing, LinkedIn oder anderen Foren?
Steven: LinkedIn und Xing sind in erster Linie Marketingkanäle und Plattformen zum Knüpfen von Geschäftskontakten. Sie stellen keine technischen Fragen auf LinkedIn, oder haben Sie dort jemals eine Frage wie „Braucht jeder Brennstoffzellen-Stack eigentlich einen Befeuchter“ gesehen? „Braucht eigentlich jeder Brennstoffzellenstapel einen Befeuchter?“ Der folgende Unterschied ist ebenfalls interessant: Gruppen, die zum Beispiel auf LinkedIn eingerichtet werden, um Ideen auszutauschen, werden, je größer sie werden, zu einem reinen „Newsfeed“. Dadurch verringert sich der Nutzen für das einzelne Gruppenmitglied. Niemand kann mehr alle Neuigkeiten über neue Projekte auf LinkedIn lesen. Bei einem Q&A-Forum wie der Hyfindr Tech Community ist das anders, denn mit dem Wachstum der Gemeinschaft steigt auch der Wert für das einzelne Mitglied. Bei einer großen Anzahl von Mitgliedern ist die Wahrscheinlichkeit höher, einen Experten für eine ganz bestimmte Frage zu finden. Eine Person stellt eine Frage und die Intelligenz der gesamten Gemeinschaft antwortet. In einer Community wie Stack Overflow ist es auch oft der Fall, dass jemand das gleiche Problem schon einmal hatte und daher gute Antworten auf sein eigenes Problem finden kann. Das ist effizient, und das ist es, was wir mit der Hyfindr Tech Community erreichen wollen. Es wäre also toll, wenn sich viele deiner Leser, lieber Sven, als Mitglieder registrieren und mitmachen (community.hyfindr.com).
Sie sind beide seit langem im Wasserstoffsektor tätig, aber diese Internetplattform ist für Sie völliges Neuland. Björn, was hast du bis jetzt gemacht?
Björn: Ich habe fast zwanzig Jahre lang bei Mercedes gearbeitet. Als Rechtsanwalt bin ich seit mehr als zehn Jahren an kleinen und sehr großen Kooperationen und M&A-Transaktionen (Fusionen und Übernahmen) beteiligt. Meine Verbindung zur Wasserstoffbranche bekam ich 2013, als ich die Gründung des Joint Ventures H2 Mobility unterstützen durfte. Damals dachte ich, dass Wasserstoff unsere Chance sei, vom Öl wegzukommen. Ich wollte eigentlich schon immer Unternehmer werden, deshalb habe ich damals vor meinem Jurastudium mein Diplom in Betriebswirtschaft gemacht. Als ich mit dem Studium begann, interessierte ich mich eigentlich viel mehr für Wirtschaft als für Jura. Auch wenn ich keine Ausbildung als IT-Programmierer habe, kann ich Ihnen versichern, dass ich in den letzten drei Jahren im Selbststudium wirklich in die IT-Welt „eingetaucht“ bin, um Hyfindr zu starten.
Und du, Steven?
Steven: Bei Hyfindr bin ich eher auf der technischen Seite tätig und wie die meisten unserer Mitarbeiter bin ich ein leidenschaftlicher Ingenieur. Wie Björn habe ich einige Jahre bei Mercedes-Benz gearbeitet, wo ich zuletzt Brennstoffzellensysteme entwickelt habe. Das habe ich dann in einem anderen Unternehmen gemacht, bevor ich mich ganz dem Aufbau von Hyfindr und allem, was damit zusammenhängt, gewidmet habe. Viele Jahre meines Lebens habe ich aus beruflichen oder privaten Gründen in Ländern gelebt, in denen die Versorgung mit Dieselkraftstoff eine notwendige und selbstverständliche Selbstverständlichkeit war. Das wollte ich schon als Kind ändern, weil es mich schon damals störte, dass es viel Lärm und Schmutz verursachte.
Sie haben dann gemeinsam Hyfindr gegründet, das bereits einen guten Start hingelegt hat. Bitte erklären Sie kurz, was genau Hyfindr ist.
Steven: Hyfindr.com ist der schnell wachsende B2B-Marktplatz für die globale H2-Industrie, auf dem man eine Vielzahl von Komponenten, Systemen und Dienstleistungen finden kann, die für den Aufbau dieser Industrie benötigt werden. Wir haben besonderen Wert darauf gelegt, dass Ingenieure alle relevanten Informationen direkt finden können. Ich selbst hatte diese Probleme mit den Brennstoffzellensystemen, die ich entwickelt habe. Es ist immer noch sehr schwierig, geeignete Komponenten zu finden. Hier kommt Hyfindr ins Spiel. Mit wenigen Klicks lassen sich Produkte nach technischen Kriterien vergleichen und effizient Preisangebote von Lieferanten einholen. Dies reduziert die Kosten der Kontaktaufnahme für Käufer und Verkäufer. Anders als eine Messe ist Hyfindr.com 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage im Jahr verfügbar. Fachleute besuchen uns, wenn sie einen bestimmten Bedarf haben. Wenn wir mit Verkäufern dieser Produkte sprechen, lautet daher unser „Motto“: „Wir generieren hochwertige Kundenkontakte, während Sie schlafen!“
Diese neue Plattform ist also nur eines von mehreren Standbeinen von Hyfindr, richtig?
Björn: Es stimmt, dass wir mehrere Formate entwickelt haben, aber unser B2B-Marktplatz ist der Kern unseres Geschäftsmodells. Im Gegensatz dazu betreiben wir die Hyfindr Tech Community ohne wirtschaftliche Ziele. Wir wollen einen Beitrag dazu leisten, dass vor allem Berufseinsteigern der Einstieg in die H2-Branche leicht gemacht wird. Aus diesem Grund sind auch Werbepostings in unserer Gemeinschaft verboten. Es geht darum, sich gegenseitig bei der Lösung technischer Probleme zu helfen. In unserem Hyfindr Knowledge Hub gibt es bereits mehr als 30 neutrale Artikel, die technische Grundlagen vermitteln. Hier erfahren Fachleute, was sie vor dem Kauf von Wasserstofftanks, Filtern oder Kompressoren wissen sollten. Diese Wissensdatenbank wird von uns ständig erweitert und ist auf hyfindr.com kostenlos verfügbar.
Wie hat sich der Markt dort bisher entwickelt?
Steven: Die Entwicklung ist erstaunlich. Wir haben es im September 2021 veröffentlicht und seitdem wachsen wir jeden Monat um durchschnittlich 10 bis 15 Prozent. Mehr als 100 bekannte Marken präsentieren ihre Produkte und Dienstleistungen. Tausende von Nutzern besuchen uns jede Woche und schauen sich dann mehrere Seiten an. Aus diesem enormen Traffic generieren wir auch Woche für Woche zahlreiche hochwertige Leads für die Unternehmen. Bislang haben wir meiner Meinung nach noch nicht einmal zehn Prozent des Potenzials von Hyfindr ausgeschöpft, weil wir noch bekannter werden müssen. Der Trend ist jedoch eindeutig nach oben gerichtet. Seit Juni 2022 unterstützt uns kein geringeres Unternehmen als Google. Wir sind eines der ganz wenigen Unternehmen in Deutschland, die in das internationale Programm „Google for Startups“ aufgenommen wurden. Das hilft uns sehr.
Was ist Ihrer Meinung nach heute anders als früher, als der Hype um Wasserstoff so groß war?
Björn: Meiner Meinung nach handelt es sich diesmal um eine nachhaltige Entwicklung, denn es werden nicht nur Prototypen oder Demonstrationsprojekte herausgebracht, sondern es werden weltweit strategische Investitionen getätigt. In einigen Ländern ist die Kraftstoffindustrie bereits auf dem Vormarsch. Die tatsächlichen Auswirkungen der Sektorkopplung werden jedoch erst in den nächsten Jahren sichtbar werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass all diejenigen, die noch daran zweifeln, dass sich die Wasserstoffindustrie zu einer mit der Öl- und Gasindustrie vergleichbaren Industrie entwickeln kann, noch in diesem Jahrzehnt verstummen werden.
Steven: Dem kann ich nur zustimmen, und als Ingenieur möchte ich noch Folgendes hinzufügen: Die Energiewende erfordert neue technische Lösungen. Mit reiner Batterietechnologie werden wir nicht in der Lage sein, alle Lösungen zu entwickeln, die wir brauchen, um „grüner“ zu werden. Die Wasserstoff- und Brennstofftechnologie ist nicht die einzige, aber eine sehr wichtige Komponente der Energiewende. Ich habe in Südafrika und Nigeria neben tuckernden Dieselgeneratoren gelebt, die Klimaanlagen und Strom für Laternen produzieren. So kann es nicht weitergehen, und zwar weltweit. Aus diesem Grund ist es auch für mich persönlich sehr inspirierend, mit Hyfindr dazu beitragen zu können, dass die globale Wasserstoffindustrie schneller und besser wächst. Das treibt mich und auch Björn an.
Wo sehen Sie Ihren Markt und die Tech-Community in fünf Jahren?
Steven: Man könnte sagen, dass wir auf dem Weg sind, das Amazonas der Wasserstoffindustrie zu werden. Mit Hyfindr.com bauen wir also eine digitale Lieferkette für die globale Wasserstoffindustrie auf, damit diese schneller wachsen kann. Wir möchten, dass Fachleute sicher sein können, dass sie alle verfügbaren Produkte auf Hyfindr finden. Es fängt alles ganz klein an, nämlich mit ein oder zwei Personen, die eine Idee haben und diese konsequent verfolgen. Das machen wir mit Hyfindr.
Björn: Mit unserer Tech-Community wollen wir der Stack Overflow der Wasserstoffindustrie werden. Ich verspreche, dass ich mich bei dir melde, wenn wir 100.000 Fragen und Antworten in unserer Hyfindr Tech Community erreicht haben, lieber Sven. Wenn uns dies gelingt, werden wir die Wasserstoffindustrie erheblich beschleunigen. Es ist unverständlich, dass wir eine neue Industrie wie die Wasserstoffindustrie nur mit den Mitteln „von gestern“ aufbauen. Hyfindr möchte digitale Werkzeuge anbieten, um das Wachstum dieser Branche weltweit zu fördern. Dafür setze ich mich ein.
Vielen Dank für diese Einblicke.
B2B-Marktplatz: www.hyfindr.com
Technische Gemeinschaft: www.community.hyfindr.com
Interviewer: Sven Geitmann, HZwei, H2International